Still
Klaustrophobie muss unangenehm sein. Auch wenn man nicht darunter leidet, vermitteln die Fotoarbeiten von Laurenz Berges etwas davon. Der in Essen und an der Düsseldorfer Kunstakademie ausgebildete Fotokünstler (Jg. 1965) beschäftigte sich über Jahre mit leer gezogenen Bauten, erst mit Kasernen, die die abrückenden sowjetischen Soldaten in Ostdeutschland hinterließen, dann mit Dörfern, die für den rheinischen Braunkohletagebau abgeräumt werden mussten. Die Spuren von früheren Bewohner sind allenthalben in den Arbeiten von Berges sichtbar. Die Ausschnitte der Innenaufnahmen sind eng und begrenzt. Der Blick wird auf Schmutzränder, funktionslose Steckdosen, verlassenes, zerschlissenes Mobiliar und düstere Zimmerecken konzentriert. Selten weitet sich die Perspektive zu einem Blick aus einem Fenster oder gar eine Außenaufnahme, aber auch draußen herrscht Trostlosigkeit. Wie konnte man es an diesen von Berges bloß gestellten Orten aushalten, ohne zum Psychopathen zu werden? Während das warme Licht, das bei wenigen Kaserneninterieurs spürbar ist, die Option auf eine ehemals anheimelnde Atmosphäre offen läßt, kann davon bei den Dörfern im Braunkohlenrevier nicht mehr die Rede sein. Berges’ minimalistische und lakonische Stillleben öffnen Räume menschlicher Existenz, die sich weit über das rein Sichtbare hinaus erstrecken.